Demokratie (Teil VI) – Rancière: Demokratien gegen Demokratie

Defizite heutiger Demokratievorstellungen

Für Rancière beschränkt sich Demokratie weder auf eine Form des Regierens noch beschreibt sie ausschließlich eine Art und Weise des Zusammenlebens. Da sich heute praktisch jeder Staat als Demokratie versteht, verbindet Rancière eine grundlegende Krise mit dem Begriff. Für Rancière stellen sich nämlich heutige „Demokratien“ gegen die Ideen der Demokratie selbst. Staaten sind demnach nur nach Außen scheinbar demokratisch, nach Innen soll möglichst kein Einfluss auf Entscheidungen seitens der Bevölkerung geltend gemacht werden können. Als Beispiel führt er die Reaktion auf das französische „Nein“ zur Verfassung der EU an. Hier hätten PolitikerInnen die BürgerInnen entmündigt, indem der Vertrag trotzdem später ohne nochmalige Befragung übernommen wurde. Demokratie werde damit ad absurdem geführt, da nun die eigentlichen DemokratInnen (das Volk) zum Feind der Demokratie erklärt wurden. Demokratie (Teil VI) – Rancière: Demokratien gegen Demokratie weiterlesen

Demokratie (Teil V) – Nancy: Begrenzte und unendliche Demokratie

1. Die Bedeutungslosigkeit der Demokratie und der Dualismus der Politik

Die Frage, ob es Sinn hätte, sich als Demokraten zu bezeichnen, beantwortet Nancy sowohl mit ‚Nein‘ als auch mit ‚Ja‘. Mit ‚Nein‘, da es nicht mehr möglich sei, sich als etwas Anderes zu bezeichnen, und somit der Begriff zur Bedeutungslosigkeit verkommen ist und nicht mehr hinterfragt werden kann; und mit ‚Ja‘, da Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit von allen Seiten durch Plutokratien, Technokratien und Mafiokratien bedroht seien. Demokratie (Teil V) – Nancy: Begrenzte und unendliche Demokratie weiterlesen

Neue Rubrik: Nachschlagewerke und Einführungsliteratur

Ein kleiner aber nicht unwichtiger Hinweis zwischen den ganzen Lesekreisbeiträgen: Heute ist die neue Rubrik zu Nachschlagewerken und Einführungsliteratur zum Thema Politische Theorie online gegangen.

Über die letzten Wochen haben einige AG Mitglieder fleißig Literatur gesammelt und zusammengestellt. Neben Literaturangaben und weiterführenden Information bei den Verlagen findet ihr auch einen kurzen Kommentar zu den jeweiligen Büchern.

Schaut vorbei und holt euch Inspiration für das erste Theoriebuch 2014.

Demokratie (Teil IV) – Brown: Wir sind jetzt alle Demokraten

Wendy Brown stellt die Beobachtung eines paradoxen Phänomens an den Anfang:  die Demokratie sei heute mehr denn je durch alle politischen Spektren populär  – „Berlusconi und Bush, Derrida und Balibar, italienische Kommunisten und Hamas – wir sind jetzt alle Demokraten“ (S.56) – , zeitgleich zeige sie sich jedoch substanzärmer denn je.

Aus dem griechischen Begriff der Demokratie gehe zunächst nur hervor, dass sich ein Volk selbst regiere und das Ganze (gegenüber dem Teil) politisch souverän sei.  Dies setzte lediglich zweierlei voraus: zum einen muss es ein Volk geben, zum anderen muss dieses Zugang zu den Gewalten haben, die es demokratisieren soll (62). Damit leite sich das euro-atlantische liberale Modell basierend auf Partizipation, Repräsentation, freien Märkten, gleichen Rechten oder Verfassungen keineswegs automatisch aus diesem Begriff ab. Aktuelle Entwicklungen stellen für Wendy Brown jedoch gerade den demokratischen Gehalt dieses Modells infrage. Demokratie (Teil IV) – Brown: Wir sind jetzt alle Demokraten weiterlesen

Demokratie (Teil III) – Bensaïd (Teil 2): Wie sollte Demokratie gestaltet sein?

Vorletzte Woche erschien der Kommentar zum ersten Teil des Aufsatzes von Daniel Bensaïd. Bevor ich mich nun den restlichen Seiten des Textes zuwende, seien einige zentrale Punkte des ersten Abschnitts noch einmal kurz ins Gedächtnis gerufen.
Bensaïd stellt ein weit verbreitetes Unbehagen gegenüber der Demokratie fest. In Sorge um Ordnung, Stabilität und nicht zuletzt das reibungslose Funktionieren des Marktes werde der Konflikt aus der Politik gedrängt, um einer „verwaltenden Vernunft“ Platz zu machen. Demokratie (Teil III) – Bensaïd (Teil 2): Wie sollte Demokratie gestaltet sein? weiterlesen