Digitalisierung der Arbeit: Eine weitere Leseliste

Neben der Asyl- und Flüchtlingsthematik gibt es aus meiner Sicht ein zweites drängendes Problem unserer Zeit, das es wert ist, mit einer Leseliste angeschnitten zu werden: Die Digitalisierung der Arbeit und des Lebens. Wie Pilze aus dem Boden schießen Positionspapiere, Grünbücher u. Ä. aus Fachdiskursen an die Öffentlichkeit, um die Potenziale der Industrie 4.0, des Internets der Dinge oder des Smart Home zu erklären. Die sozialwissenschaftliche Beschäftigung damit beginnt erst allmählich, aber auch kritische Wissenschaftler, Gewerkschafter und Journalisten beginnen die Frage nach den (positiven oder negativen?) Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeit zu stellen.

Dies ist meiner Meinung für eine Kritische Sozialwissenschaft dringend notwendig, denn Arbeit bzw. Lohnarbeit ist trotz aller Wandlungen, die sie in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat, immer noch der zentrale gesellschaftliche Prozess, der uns in Ketten legt, der unseren Lebensrhythmus bestimmt, uns krank, aber zum Teil auch Freude macht. Ohne Lohnarbeit gibt es keinen Kapitalismus – wer den Kapitalismus überwinden will, muss sich folglich mit dem Produktionsprozess, also auch der Organisation der Arbeit beschäftigen. Welchen emanzipatorischen Einfluss dabei unter welchen Bedingungen die Digitalisierung spielen kann, kann der geneigte Leser u. a. in folgenden Büchern lesen (Ergänzungen in Kommentaren gerne erwünscht):

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Neue Ausgabe der „Luxemburg“ erschienen

Ab dem 20. April kann die erste Ausgabe des Jahres 2015 der Zeitschrift „Luxemburg“, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegeben wird, bezogen und heute schon online gelesen werden. Thema ist „Mehr als prekär“ und es gibt u. a. Beiträge vom französischen Soziologen Loïc Wacquant zu „Schattenseiten einer gespaltenen Stadt“ sowie vom österreichischen Sozialwissenschaftler und Informatiker Christian Fuchs zu „Krise, Kommunikation, Kapitalismus„. Das vollständige Inhaltsverzeichnis findet ihr hier.

Publikationstext:

Prekarisierung meint längst nicht mehr nur die Ausweitung unabgesicherter, schlecht bezahlter Arbeitsverhältnisse – also mehr bad-jobs – sie ist in alle Lebensbereiche eingewandert: Zeitstress, die Unmöglichkeit das eigene Leben planen zu können, Verdrängung aus den Städten und wachsende Reproduktionslücken. Prekarisierung ist neue ›Normalität‹ – und doch betrifft sie nicht alle gleichermaßen, sind die Möglichkeiten, mit vielfältigen Verunsicherungen umzugehen, stark klassenabhängig. Oft ist vom ›Prekariat‹ die Rede – doch wer ist damit gemeint? »Alle wollen ihm entfliehen, niemand will dazu gehören«, schreibt Loïc Wacquant in LuXemburg 1/2015 über das »postindustrielle Prekariat«.

Und doch: Griechenland spielt uns die Musik einer Neugründung Europas von unten vor – aus der Krise sind nicht nur Linderungen der größten Not, sondern auch politische Perspektiven für uns alle entstanden. Ob sie sich stabilisieren können, ist die drängende Frage. Auch Arbeitskämpfe in prekärem Gelände sind keinesfalls aussichtslos. Die zahlreichen Streiks der letzten Jahre – viele in Branchen, die als ›unorganisierbar‹ oder wegen geschlechtlicher Zuschreibungen als nicht ›kampffähig‹ galten – haben es gezeigt.

MEHR ALS PREKÄR fragt nach strategischen Ansätzen im prekären Alltag, nach einem neuen »Anker«, nach Möglichkeiten alltagsnaher Organisierung, die hierzulande ein Umdenken hinsichtlich linker Praxen erfordern.

Wie können unterschiedliche Prekarisierungserfahrungen zum gemeinsamen Handeln anregen, und wo lassen sich klassenübergreifend gemeinsame Betroffenheiten ausmachen? Wie sind Bündnisse zwischen Kern und Rand, zwischen prekär Beschäftigen und Erwerbslosen oder zwischen PatientInnen und Pflegekräften zu schmieden? Wie kann Zukunft im Heute gestaltet werden?