Ich möchte diese Ausführung zu Butlers Text zu Gender-Regulierungen mit einem Aspekt beginnen, den sie zum Schluss des Textes anführt und in verschiedenen Essays des Buches Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen anspricht. Es handelt sich um verschiedene Formen sozialer Strafen bei Verstößen gegen die Geschlechternormen. Dazu gehören die operative Herrichtung von Intersex-Individuen, die medizinische und psychiatrische Pathologisierung und Kriminalisierung von Menschen mit einer ‚Gender-Dysphorie‘, die Schikanierung von genderuntypischen Personen im Alltag, die Diskriminierung bei Stellensuche und Gewalt (Butler 2017: 95).[1] Diesen Phänomenen, die enorme negative Wirkungen auf die Betroffenen haben, liegen spezifische Geschlechternormen zugrunde. Butler fragt nicht zuletzt deshalb nach der Art und Weise, wie eine solche Regulierung von Gender zustande kommt, wie sie funktioniert, sowie daran anschließend nach Möglichkeiten der Abweichung von der Norm, die den regulatorischen Prozess selbst unterbricht (Butler 2017: 91).
Schlagwort: Subjektivierung
Subjektivierungsforschung quo vadis? Auf holprigen Wegen zwischen Kollektiv und Individuum
Tagungsbericht zu: Jenseits der Person. Die Subjektivierung kollektiver Subjekte, 06.-08. April in Leipzig
Von Frederik Metje, Clelia Minnetian, Daniel Staemmler und Ferdinand Stenglein
Unter dem Stichwort Jenseits der Person hatten Thomas Alkemeyer (Oldenburg), Martin Saar (Leipzig), Ulrich Bröckling und Tobias Peter (beide Freiburg) nach Leipzig geladen, um dort die Frage nach der Konstitution und Organisation von Kollektiven aus der Perspektive der Subjektivierungsforschung zu stellen.
Das Panorama der drei Tage bildete neben den Räumlichkeiten der Biblioteca Albertina eine grundlegende Feststellung: Untersuchungen von Subjektivierungsweisen mögen mittlerweile zwar fest zur sozialwissenschaftlichen Forschungslandschaft gehören, jedoch begrenzen sie sich oftmals auf Individuen. Demgegenüber erscheinen aber gerade Organisationen, Netzwerke und Gemeinschaften als Subjektivierungsmotoren entlang der Imperative von Teambildung und Kooperation sowie der Pluralisierung von Selbstentwürfen. Sie geben Anlass, den Blick nicht nur auf die Subjektivierung in, sondern ebenso von Kollektiven zu richten.
Zur Begrüßung gaben Ulrich Bröckling und Frank Alkemeyer jeweils einige subjektivierungs- bzw. Subjektivierungsforschung quo vadis? Auf holprigen Wegen zwischen Kollektiv und Individuum weiterlesen
Foucault gibt es nicht im Singular
Tagungsbericht zu: Überwachen und Strafen heute, 05.-07. November in Bremen
von Clelia Minnetian, Janosik Herder und Stefan Wallaschek
Zum 40-jährigen Jubiläum von Michel Foucaults Buch Überwachen und Strafen organisierten Frieder Vogelmann, Jörg Bernardy und Martin Nonhoff eine Tagung in Bremen zur Frage der Aktualität der dort formulierten Thesen. Welche Rolle spielen heute noch die Disziplinarmacht oder das Panopticon unter der Annahme, dass ganz neue Techniken wie die neoliberale Steuerung zur Selbststeuerung zum Einsatz kommen oder ältere Strafpraktiken des öffentlichen Prangers wieder vermehrt festzustellen sind? Dass der Tagungsort mit zwei sich gegenüberliegenden Glasfronten selbst einem Panopticon ähnelte und die Tagung für ein weiteres Filmprojekt von Christoph Faulhaber komplett aufgezeichnet wurde – dessen letzter Film Jedes Bild ist ein leeres Bild auf der Tagung zu sehen war –, konnte in einem foucaultschen Sinne wiederum als interessanter Verweis auf gegenwärtige Überwachungstechniken wie auch auf die gesellschaftlichen Wünsche nach Transparenz, Offenheit und Datenakkumulation verstanden werden.
Donnerstag – Subjektivierung, Panopticon und Scham
Die beiden ersten Vorträge beschäftigten sich mit der neuen Subjektform des digitalen Subjektes, die mit der medialen Entwicklung aufgekommen ist. So aktualisierte Susanne Krasmann die neuen Formen des Sicht- und Sagbaren für das datenproduzierende Subjekt der Gegenwart. Ihre Annahme Foucault gibt es nicht im Singular weiterlesen