Ab dem 20. April kann die erste Ausgabe des Jahres 2015 der Zeitschrift „Luxemburg“, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegeben wird, bezogen und heute schon online gelesen werden. Thema ist „Mehr als prekär“ und es gibt u. a. Beiträge vom französischen Soziologen Loïc Wacquant zu „Schattenseiten einer gespaltenen Stadt“ sowie vom österreichischen Sozialwissenschaftler und Informatiker Christian Fuchs zu „Krise, Kommunikation, Kapitalismus„. Das vollständige Inhaltsverzeichnis findet ihr hier.
Publikationstext:
Prekarisierung meint längst nicht mehr nur die Ausweitung unabgesicherter, schlecht bezahlter Arbeitsverhältnisse – also mehr bad-jobs – sie ist in alle Lebensbereiche eingewandert: Zeitstress, die Unmöglichkeit das eigene Leben planen zu können, Verdrängung aus den Städten und wachsende Reproduktionslücken. Prekarisierung ist neue ›Normalität‹ – und doch betrifft sie nicht alle gleichermaßen, sind die Möglichkeiten, mit vielfältigen Verunsicherungen umzugehen, stark klassenabhängig. Oft ist vom ›Prekariat‹ die Rede – doch wer ist damit gemeint? »Alle wollen ihm entfliehen, niemand will dazu gehören«, schreibt Loïc Wacquant in LuXemburg 1/2015 über das »postindustrielle Prekariat«.
Und doch: Griechenland spielt uns die Musik einer Neugründung Europas von unten vor – aus der Krise sind nicht nur Linderungen der größten Not, sondern auch politische Perspektiven für uns alle entstanden. Ob sie sich stabilisieren können, ist die drängende Frage. Auch Arbeitskämpfe in prekärem Gelände sind keinesfalls aussichtslos. Die zahlreichen Streiks der letzten Jahre – viele in Branchen, die als ›unorganisierbar‹ oder wegen geschlechtlicher Zuschreibungen als nicht ›kampffähig‹ galten – haben es gezeigt.
MEHR ALS PREKÄR fragt nach strategischen Ansätzen im prekären Alltag, nach einem neuen »Anker«, nach Möglichkeiten alltagsnaher Organisierung, die hierzulande ein Umdenken hinsichtlich linker Praxen erfordern.
Wie können unterschiedliche Prekarisierungserfahrungen zum gemeinsamen Handeln anregen, und wo lassen sich klassenübergreifend gemeinsame Betroffenheiten ausmachen? Wie sind Bündnisse zwischen Kern und Rand, zwischen prekär Beschäftigen und Erwerbslosen oder zwischen PatientInnen und Pflegekräften zu schmieden? Wie kann Zukunft im Heute gestaltet werden?